Bei den kürzlich abgehaltenen Parteitagen unserer Volksparteien jubelten die parteigetreuen Delegierten ihren Führungspolitikern schon in ähnlicher Weise zu, wie einst die Genossen dem Zentralkomitee bei den ehemaligen Parteitreffen der Einheitsparteien in der ehemaligen DDR. Delegierte, die von den Parteien als sogenannte Vertreter des Volkes (Parteien) zu den Parteitagen entsandt werden. Hier ist es nicht verwunderlich, dass die Führungsspitzen der Parteien mit Traumabstimmungsergebnissen glänzen konnten. Die Delegierten genießen in den unterschiedlichsten Weisen alle ihre persönlichen Vorteile durch die Parteien in ihrem Leben, auch abseits von den Parteitagen. Die Abstimmungsergebnisse bekommen so den gleichen „demokratischen“ Charakter, wie das „Durchwinken“ von Gesetzesvorlagen der Abgeordneten im Parlament. Ob nun wirklich bei jedem Delegierten oder Abgeordneten auch seine eigene Meinung hinter seiner Stimme steht, bleibt allerdings sein persönliches Geheimnis. Dieser Personenkreis braucht nie für Fehlentscheidungen zu haften und positiv im Sinn seiner Partei zu stimmen, bedeutet zugleich Sicherheit für die eingenommene Funktion mit allen ihr gegebenen Vorteilen. Wie war es denn mit der Abstimmung in den 90er Jahren zur Euroeinführung? Nach Kohls großer Rede stimmten fast alle Abgeordneten der etablierten Parteien im Parlament für den Euro, trotz etlicher Warnungen von damaligen Finanzexperten und gegen die Mehrheit im Volk. Kein ehemaliger Abgeordneter muss für diesen Fehler heute büßen, sie sind alle finanziell bestens versorgt und spüren persönlich keine Eurokrise.
Alle Parteien, außer Die Linke, fühlen sich heute als Parteien der Mitte. Frau Merkel sagt, die CDU/CSU ist die Volkspartei der Mitte, Herr Steinbrück möchte mit der SPD die Mitte zurückgewinnen, Herr Rösler bezeichnet seine FDP als Grundachse der Mitte und die Grünen meinen in der politischen Mitte angekommen zu sein. Die Piraten sind sich noch nicht so ganz schlüssig, ob die Augenklappe über das rechte oder linke Auge getragen werden soll, so bleibt zurzeit auch nur noch die Mittellage übrig. Bei soviel Gedränge der Parteien um die Mitte, stellt sich jedoch die Frage warum die Einkommensmittelschicht immer mehr zusammenschrumpft? Ist es die schwere Parteienlast, die diese Schicht zerquetscht? Wenn die Mitte schrumpft, dann wachsen die Ränder. Von der Steuerpolitik der sich selbst ernannten Mitteparteien haben ausschließlich die Reichen profitiert. Durch die Absenkung des Spitzensteuersatzes stiegen die Spitzeneinkommen gewaltig, zusätzlich wurden die Unternehmenssteuersätze gesenkt und bescherten den Unternehmen und Konzernen Riesengewinne. Der obere Rand der Gesellschaft wurde von den Parteien gestärkt und gleichzeitig mit mehr Zeitarbeit, Billiglohnjobs, Eineurojobs und immer mehr befristeten Arbeitsverträgen Teile der Einkommensmittelschicht an den unteren Rand gedrängt.
Nach dieser kurzen Betrachtung der Situation kann nur der Schluss erfolgen, dass die verantwortlichen Politiker mit ihrem Verständnis zur Mitte den oberen Rand der Gesellschaft meinen, denn für die Mitte ist so eine Parteienlast zu schwer, sie wird nur zerquetscht.